Ist die Errichtung einer letztwilligen Verfügung sinnvoll?

Eindeutig, ja. Ohne eine letztwillige Verfügung, daher ohne Errichtung eines Testaments oder des Abschlusses eines Erbvertrages, tritt die Erbfolge kraft Gesetzes ein.

Im Zweifelsfall ist aber gerade die gesetzliche Regelung nicht gewollt. So können gesetzliche Erben nur enterbt und damit auf den Pflichtteil gesetzt werden, wenn testiert wird.

Auch das Entstehen einer Erbengemeinschaft, wenn mehrere Erben gleichzeitig berufen sind, kann nur durch eine letztwillige Verfügung vermieden werden. Aber auch wenn eine Erbengemeinschaft gewollt ist, kann der Erblasser die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers anordnen, der in seinem Sinne die Erbengemeinschaft auseinandersetzt.

Nichteheliche Lebensgemeinschaften als auch Patchwork-Familien werden ohne eine letztwillige Verfugung überhaupt nicht berücksichtigt.

Vermächtnisse und Auflagen sind weitere Gestaltungsmittel einer letztwilligen Verfügung, auf die der Erblasser ansonsten verzichten würde.

Wann sollte eine letztwillige Verfügung errichtet werden?

Es gibt keinen idealen Zeitpunkt, da der Zeitpunkt des Ablebens für jeden Menschen unbestimmt ist. Antworten wie „Ich habe noch Zeit“ oder „Ich möchte mich mit dem Thema noch nicht beschäftigen“, lassen erahnen, dass letztlich eine Verdrängung als Tabuthema stattfindet.

Unfall, Herzinfarkt, Schlaganfall sind nur einige Schicksale, die deutlich machen, wo einem „das Heft des Handelns“ aus der Hand genommen werden kann.

Welche Möglichkeiten der letztwilligen Verfügungen gibt es?

Eigenhändiges Testament (§ 2247 BGB)

Zur formwirksamen Errichtung ist dieses von einem selbst handschriftlich zu verfassen und eigenhändig zu unterschreiben.

Es ist hierbei völlig egal, ob das Testament beispielsweise auf einem Bierdeckel oder Brotpapier geschrieben wird. Hingegen haben mittels Computer oder Schreibmaschine geschriebene Testamente keine Wirksamkeit!

Nur die individuelle Schreibleistung ist es, die den Urheber erkennbar macht.

Gemeinschaftliches Testament (§ 2265 BGB)

Dieses ist nur Ehegatten und Partnern nach dem Partnerschaftsgesetz vorbehalten.

Hier sieht das Gesetz eine Formerleichterung vor, da nur einer der beiden Eheleute das Testament handschriftlich errichten muss, das von beiden Eheleuten aber zu unterzeichnen ist.

Öffentliches/ Notarielles Testament (§ 2232 BGB)

Hier kann der Erblasser dem Notar seinen letzten Willen erklären oder ihm eine Schrift mit der Erklärung übergeben, dass die Schrift seinen letzten Willen enthalte.

Die Schrift kann offen oder verschlossen übergeben werden. Anders als beim eigenhändigen Testament braucht das Testament nicht vom Erblasser handschriftlich geschrieben zu sein.

Erbvertrag (§ 2274 BGB)

Hier kann der Erblasser mit jeder Person einen Erbvertrag abschließen. Zur Wirksamkeit ist allerdings die notarielle Beurkundung nach § 2276 BGB vorgesehen.

Welche Form der letztwilligen Errichtung sollte gewählt werden?

Diese Frage lässt sich nicht pauschal, sondern nur bezogen auf den Einzelfall beantworten. Jede Errichtungsform ist zunächst gleichwertig.

In einer Vielzahl von Fällen wird die Errichtung eines eigenhändigen oder gemeinschaftlichen Testaments ausreichend sein. In den Fällen, wo der Erblasser nicht mehr eigenhändig ein Testament errichten kann, er aber noch testierfähig ist, ist nur noch die Errichtung eines notariellen Testaments möglich. Ein solches kann ggf. auch noch am Krankenbett errichtet werden.

Um beispielsweise den Erben später die Beantragung eines Erbscheins zum Zwecke einer etwaigen Grundbuchberichtigung zu ersparen, kann die Errichtung eines notariellen Testaments sinnvoll sein. Dies erspart den Erben Zeit und Geld.

Die Errichtung eines Erbvertrages kommt hingegen infrage, wenn bspw. nichteheliche Lebensgemeinschaften bindend ihren letzten Willen festlegen wollen.

Wo sollten letztwillige Verfügungen verwahrt werden?

Hier gibt es mehrere Möglichkeiten. Zunächst werden notarielle Testamente und Erbverträge regelmäßig beim Nachlassgericht am Amtssitz des Notars verwahrt.

Aber auch eigenhändige und gemeinschaftliche Testamente können beim Nachlassgericht am Wohnsitz des Erblassers in amtliche Verwahrung gegeben werden. Die Kosten für die Verwahrung betragen nunmehr ungeachtet vom Vermögen des Testierenden pauschal 75,00 €.

In der Regel werden aber Testamente in den eigenen vier Wänden aufbewahrt. Hier besteht die Gefahr, dass Testamente nicht mehr aufgefunden oder von Personen, die ein Interesse hieran haben, in strafbarer Weise unterdrückt werden.

Hier kann sich der Erblasser absichern, indem er das Testament mit gleichem Inhalt mehrfach errichtet und bei Personen seines Vertrauens hinterlegt.

Mit dem Erbfall sind die letztwilligen Verfügungen zu eröffnen, sowohl die hinterlegten Verfügungen als auch die außerhalb des Nachlassgerichts aufbewahrten.

Hierbei ist jeder verpflichtet, der ein Testament nach einem Erbfall auffindet, dieses unverzüglich beim Nachlassgericht zum Zwecke der Testamentseröffnung einzureichen.

Welche Maßnahmen der Vorsorge sind weiterhin sinnvoll?

Vorsorgevollmacht

Wer nicht mehr in der Lage ist, seine Rechtsangelegenheiten selbst zu regeln, wird — anders als früher — nicht mehr entmündigt.

Allerdings wird in der Regel über das Betreuungsgericht ein Betreuungsverfahren einzuleiten sein, im Rahmen dessen geprüft wird, ob ein Fall der Betreuung vorliegt und wenn ja, für welche Bereiche eine Betreuung anzuordnen ist. Nicht selten wird ein Berufsbetreuer — für den Betreuten eine fremde Person — mit der Betreuung betraut.

Die Einleitung eines solchen Betreuungsverfahrens lässt sich vermeiden, wenn eine Vorsorgevollmacht für Teilbereiche oder auch umfassend errichtet wird. Bis auf wenige Teile der Personensorge, die der Schriftform bedürfen, ist eine bestimmte Form hierfür grundsätzlich nicht vorgesehen.

In dieser ist die Person des Vertrauens (Bevollmächtigter) aufzunehmen, ersatzweise eine weitere Person des Vertrauens. Ratsam ist es, die Errichtung einer Vorsorgevollmacht zum Zentralen Vorsorgeregister bei der Bundesnotarkammer in Berlin anzuzeigen.

Dort wird das Vorhandensein einer Vorsorgevollmacht mit einen oder mehreren Bevollmächtigten registriert. Eine Aufbewahrung findet dort nicht statt! Das Betreuungsgericht wird vor einer Entscheidung über eine Betreuung beim Zentralen Vorsorgeregister anfragen, ob dort eine Vorsorgevollmacht registriert ist.

Wir übernehmen nach Beratung und Errichtung einer Vorsorgevollmacht für unsere Mandanten auch die Anmeldung zum Zentralen Vorsorgeregister.

Patientenverfügung

Eine solche soll die Richtung vorgeben, wie in der weiteren Versorgung zu verfahren ist, wenn der sichere Tod naht bzw. bevorsteht. Hier steht im Vordergrund, lebensverlängernde Maßnahmen zu ersparen, wenn diese nicht mehr zielführend sind.

Eine in der Praxis nicht zu unterschätzende Regelung!

Diese ist ebenfalls nicht formgebunden. Es empfiehlt sich aber die Schriftform. Die Patientenverfügung kann zur Vorsorgevollmacht beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden.

Für die Praxis dürfte letztlich wichtig sein, dass die in der Patientenverfügung aufgeführte Vertrauensperson in der entscheidenden Situation den Inhalt der Patientenverfügung Geltung verschafft.

Welche Möglichkeiten bietet die ab dem 17.08.2015 geltende EU- Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO)?

Die EU-ErbVO verspricht aus Sicht Europas Weltgeltung. Richtig ist, dass die Europäische Gemeinschaft mit Ausnahmen von Großbritannien, Irland und Dänemark eine Harmonisierung der Regeln über das Internationale Privatrecht herbeizuführen sucht.

Wichtigste Errungenschaft ist hierbei, dass bei der Frage, welches nationale Erbrecht bei einem Erbfall anzuwenden ist, einheitlich auf den Begriff des überwiegenden Aufenthaltsortes abgestellt wird. Bislang wurde in den jeweiligen Staaten Europas entweder auf den Wohnort oder die Staatsangehörigkeit des Erblassers oder Belegenheit der Sache (Bsp.:Grundstück) abgestellt.

Mit dieser Harmonisierung soll eine Nachlassspaltung, daher eine Anwendung unterschiedlicher nationaler Erbrechtsregelungen vermieden werden.

Beispiel:
Ein deutscher Erblasser hatte zum Zeitpunkt seines Todes nach dem 16.08.2015 seinen überwiegenden Aufenthaltsort in Spanien. Abgestellt auf den überwiegenden Aufenthalt, wäre spanisches Erbrecht anzuwenden. Um deutsches Erbrecht Anwendung finden zu lassen, lässt die EU-ErbVO eine Rechtswahl zu.

Eine solche Rechtswahl ist nur in einer letztwilligen Verfügung (Testament oder Erbvertrag) möglich. Konkret wäre in einer letztwilligen Verfügung aufzunehmen, dass deutsches Erbrecht zur Anwendung kommen soll. Auch hier zeigt sich, wie wichtig es ist, eine letztwillige Verfügung zu errichten.

Sollte ich mich vor Errichtung einer letztwilligen Verfügung, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung beraten lassen?

Ja! Die Komplexität des Erbrechts und die Berücksichtigung der individuellen Lebenssituation bedürfen einer fachlichen Beratung durch einen auf diesem Gebiet spezialisierten Rechtsanwalt oder Notar.

Auch Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sollten mit fachlicher Beratung errichtet werden. Hier sei nur die Möglichkeit des Missbrauchs erwähnt.

RA Geilke
RA Geilke